Elternunterhalt zwischen Schonvermögen und Selbstbehalt

Im Rahmen ihrer wirtschaftlichen Möglichkeiten sind nicht nur Eltern für ihre Kinder, sondern auch Kinder für ihre Eltern grundsätzlich unterhaltspflichtig. Müssen die Eltern in ein Pflegeheim, sind die Kosten mitunter so hoch, dass sie von der elterlichen Rente und Pflegeversicherung nicht gedeckt werden können. Wenn ein Sozialhilfeträger einspringen muss, wird er das Geld von den Kindern zurückverlangen. Doch wie hoch ist im Einzelfall die “zumutbare Belastung” und wann lassen sich Unterhaltskosten als “außergewöhnliche Belastungen” vom zu versteuernden Vermögen abziehen?

§ 1601 BGB - Grundlage der Unterhaltsverpflichtung

Die Pflicht zur Unterhaltszahlung ergibt sich aus § 1601 BGB. Hiernach sind Verwandte in gerader Linie untereinander unterhaltspflichtig, sofern Bedürftigkeit vorliegt. Dies bedeutet, dass auch Kinder ihren Eltern gegenüber unterhaltspflichtig werden können.

Verwirken des Unterhaltsanspruches

Hat sich ein Elternteil schwere Verfehlungen gegenüber dem Kind zuschulden kommen lassen, kann sein Unterhaltsanspruch möglicherweise verwirkt sein (§ 1611 BGB). Das trifft jedoch nur auf schwere Ausnahmefälle zu. Etwa dann, wenn der Elternteil seine eigene Unterhaltspflicht gegenüber dem Kind nicht wahrgenommen hat, kann sein Anspruch vom Kind angefochten werden.

Unterhaltspflicht von Schwiegerkindern und Schwiegereltern

Schwiegerkinder sind nicht direkt betroffen. Möglich ist jedoch, dass deren Einkommen in den Familienbedarf einfließt, wodurch die Schwiegerkinder indirekt haften (BGH, Beschluss vom 05.02.2014, Az. XII ZB 25/13). Deren Unterhaltspflicht gilt jedoch nur, soweit die Betroffenen nach Abzug ihrer sonstigen Verpflichtungen außerstande sind, Unterhalt zu leisten.

Elternunterhalt erst ab 100.000 € Jahreseinkommen

Ob Unterhalt gezahlt werden muss, hängt vor allem vom Einkommen ab. Seit 2020 gilt durch das Angehörigen-Entlastungsgesetz erstmals ein Jahresbruttoeinkommen von 100.000 € als Voraussetzung für den Elternunterhalt. Denn: Kinder unterhaltsbedürftiger Eltern können nicht unbegrenzt für die anfallenden Kosten haftbar gemacht werden. Die sogenannte Düsseldorfer Tabelle setzt die Bedarfssätze zur Berechnung des Unterhalts fest.

Ein Teil davon ist seit jeher von der Düsseldorfer Tabelle als sogenannter Selbstbehalt geschützt gewesen. Sind die Kinder berufstätig, wird der Durchschnitt des Nettogehalts des Jahres vor Eintritt des Unterhaltsbedarfs errechnet. Bei Selbstständigen gilt das durchschnittliche Einkommen der letzten drei bis fünf Jahre. Auch hier ist das sogenannte bereinigte Nettoeinkommen entscheidend.

Bereinigtes Nettoeinkommen: Ausschlaggebend für die Unterhaltshöhe

Beim bereinigten Nettoeinkommen geht es letztlich nur darum, die Summe zu ermitteln, die bei der Berechnung des Unterhaltes tatsächlich veranschlagt werden soll. Es ergibt sich durch den Abzug der Verbindlichkeiten, die das ursprüngliche Einkommen mindern.

Einkommensmindernde Verbindlichkeiten

Vom Nettoeinkommen werden alle berufsbedingten Aufwendungen abgezogen, beispielsweise Fahrtkosten. Ferner werden die Kosten für die Krankenkasse und eventuelle Kreditraten abgezogen (bei Wohneigentum jedoch nicht unbegrenzt). Des Weiteren kommen private Altersvorsorgekosten zum Abzug (bis zu 5 % des Bruttoeinkommens) sowie die Kosten für Besuche der Eltern. Außerdem können andere Unterhaltspflichten abgezogen werden, die Vorrang vor dem Elternunterhalt haben (§ 1609 BGB).

Nicht alles ist vom Nettoeinkommen abzugsfähig

Nicht abzugsfähig sind Kosten für Hausrat- und Haftpflichtversicherungen, Rundfunkgebühren und Miete bis 480 Euro. Bei einer nachweislich höheren Miete können die Kosten abgezogen werden.

Steuern: Elternunterhalt und abzugsfähige Ausgaben

Elternunterhalt kann als „außergewöhnliche Belastung“ bei der Einkommenssteuer geltend gemacht werden. Das ist zum Beispiel dann möglich, wenn die Kosten nicht durch normale Alterserscheinungen der Eltern entstehen, sondern durch Krankheit, die eine Aufnahme im Pflegeheim nötig macht. Diese Kosten können nach § 33 EStG (Einkommenssteuergesetz) vom Gesamtbetrag des zu versteuernden Einkommens abgezogen werden. Das gilt jedoch nur für Beträge, die über eine zumutbare Belastung hinausgehen. Wie hoch der Anteil des Einkommens ist, der als zumutbar gilt, ist in § 33 Abs. 3 EStG normiert. Alles, was diesen Betrag übersteigt, kann vom Einkommen abgezogen werden.

Elternunterhalt und Schonvermögen

Weder die Kinder noch die Eltern selbst müssen für den Elternunterhalt ihr letztes Hemd geben. Denn ein gewisser Vermögensanteil, der sogenannte Selbstbehalt, ist geschützt.

Bevor die Kinder zur Kasse gebeten werden, muss nicht nur das Elterneinkommen, sondern auch das Vermögen des jeweiligen Elternteils für dessen Unterhalt eingesetzt werden. Das gilt nicht nur für das Vermögen selbst, sondern auch für die Zinsen und Erträge daraus. Unverwertbar ist ein Betrag in Höhe von 5000 Euro, wie sich aus § 90 Abs. 2 Nr. 9 SGB XII ergibt. Ehepaaren stehen 10.000 Euro geschontes Vermögen gemeinsam zu. Wenn den Eltern Grundsicherung zusteht, müssen sie diese auch beantragen, bevor die Kinder zur Zahlung verpflichtet werden können.

Sind die Kinder zahlungspflichtig, müssen auch sie ihr Vermögen einsetzen. Davon ausgenommen ist das Schonvermögen, soweit es der eigenen Altersabsicherung der Kinder dient. Das muss jedoch nachgewiesen werden. Ebenfalls geschont sind Ersparnisse, die als Notreserve dienen sollen, etwa für Reparaturen am Auto oder für den Urlaub. Feste Beträge gibt es hier nicht. Dem Sozialhilfeträger muss dargelegt werden, in welcher Höhe Vermögen vorhanden ist und für welchen Zweck es genutzt werden soll. Besonders geschützt sind selbst bewohnte Immobilien (BGH, Urteil vom 07.08.2013, Az. XII ZB 269/12).

Wenn mehrere Kinder für den Unterhalt ihrer Eltern herangezogen werden können, haften sie anteilig (§ 1606 BGB). Maßgeblich für die Höhe des Anteils sind dabei Einkommens- und Vermögenslage mit Berücksichtigung des eigenen Bedarfs und der Schonbeträge. Wenn ein Kind alleine für den Elternunterhalt aufkommt, kann es von den Geschwistern einen Ausgleich verlangen, sofern die Geschwister ebenfalls über genug finanzielle Mittel verfügen.