Das neue Gewährleistungsrecht vs. Garantie
Was ist eine Garantie?
Während der Kunde bei der Gewährleistung mangelhafte Ware bis zu 24 Monate reklamieren kann, richtet sich die Dauer der Garantie allein nach der konkreten Vereinbarung. Diese findet sich meist in den AGBs des Händlers oder unter den Angaben des Herstellers. Wichtig: Eine Garantie kann die Gewährleistung in keinem Fall verkürzen oder ersetzen. Für viele Verbraucher wird daher der beste Weg der Gang zum Händler sein, da hier innerhalb von zwei Jahren unproblematisch das Gewährleistungsrecht in Anspruch genommen werden kann.
Was ist das Gewährleistungsrecht?
Das Gewährleistungsrecht regelt, dass der Verkäufer einer Sache dafür einzustehen hat, dass sie frei von Mängeln ist. Niemand soll ewig auf seine gekaufte Ware warten müssen oder hinnehmen müssen, dass sie schon nach kurzer Zeit defekt wird. In diesem Fall kann der Käufer die Reparatur oder Neulieferung (Nacherfüllung) verlangen. Wenn dieses „Recht der zweiten Andienung“ nicht erfolgreich war, etwa weil der Verkäufer keine neue Sache liefert oder sie nicht repariert, kann man den Kaufpreis mindern oder vom Kauf zurücktreten.
Der Sachmangelbegriff
Zentral im deutschen Gewährleistungsrecht ist dabei der Begriff der „mangelhaften Sache“. Der Käufer kann auf das Gewährleistungsrecht zurückgreifen, wenn nach § 434 BGB die Kaufsache „nicht die vereinbarte Beschaffenheit hat“, wenn sie also nicht so ist, wie vor dem Kauf vereinbart wurde. Seit dem 01.01.2022 wurde dieser Grundsatz nun dahingehend erweitert, dass die Sache auch dann mangelhaft ist, wenn sie bereits objektiv nicht für ihren Zweck geeignet ist oder von der Beschaffenheit ähnlicher Produkte abweicht. Auf „gekauft wie gesehen“ kann sich der Verkäufer somit nicht mehr berufen. Ist zudem vor dem Kauf ein Muster oder eine Probe ausgehändigt worden, ist die Sache mangelhaft, wenn sie hiervon abweicht.
Neu: Vorvertragliche Informationspflicht
In Ergänzung zum Mangelbegriff wurde durch den Gesetzgeber zudem eine Hinweispflicht im Verbracherrecht hinzugefügt. So muss der Verkäufer den Kunden vor Abschluss des Kaufvertrages in einem gesonderten Schriftsatz auf jede Änderung der Beschaffenheit hinweisen. Dies meint alle „Abweichungen von der üblichen Beschaffenheit“, also auch offensichtliche Mängel. Bedeutsam ist dies vor allem für die verkürzte Gewährleistung bei gebrauchten Sachen von zwei Jahren auf ein Jahr. Diese ist zwar immer noch möglich, der Verkäufer muss nun jedoch gesondert darauf hinweisen. Auch etwa bei Ausstellungsstücken müssen jetzt in einem Informationsblatt alle Abweichungen gesondert dokumentiert und quittiert werden.
Nacherfüllung, Minderung des Kaufpreises und Rücktritt
Dem Verkäufer muss zunächst die Möglichkeit eingeräumt werden, den Mangel zu beseitigen. Tut er das nicht, oder hat die Nacherfüllung keinen Erfolg, können Verbraucher den Kaufpreis mindern. Dabei wird der Kaufpreis dem tatsächlichen Wert der (mängelbehafteten) Kaufsache angepasst.
Ebenso kann der Käufer vom Vertrag gänzlich zurücktreten, der Verkäufer muss ihm dann den vollen Kaufpreis erstatten.
Neue Rücktrittsvoraussetzungen in 2022
Für einen Rücktritt musste der Kunde dem Verkäufer bislang eine Frist setzen, außerdem war die Rücktrittsmöglichkeit in der Regel erst nach dem zweiten erfolglosen Nachbesserungsversuch des Verkäufers möglich. Dies hat sich nun geändert: Schon nach dem ersten erfolglosen Nachbesserungsversuch kann der Rücktritt erklärt werden. Zudem muss der Verbraucher jetzt nicht mehr ausdrücklich eine Frist setzen, es genügt, wenn eine angemessene Frist seit der Mängelanzeige verstrichen ist. Angemessen ist die Frist dann, wenn der Verkäufer genug Zeit hatte, den Mangel zu beseitigen.
Neue Beweislastumkehr
Um festzustellen, ob eine Sache mangelhaft ist, wird im Schuldrecht auf den Zeitpunkt des Übergangs der Kaufsache abgestellt. Beim Verbrauchsgüterkauf galt dabei bislang, dass die Sache dann als bei der Übergabe mangelhaft galt, wenn der Mangel innerhalb von sechs Monaten seit dem Kauf aufgetreten war. Der Verkäufer haftete in diesem Fall, wenn er nicht beweisen konnte, dass die Sache bei Übergabe mängelfrei war. Künftig beträgt dieser Zeitraum der Beweislastumkehr zugunsten des Verbrauchers nicht mehr nur sechs, sondern 12 Monate.
Aktualisierungspflicht bei digitalen Elementen
Zur Stärkung der Nachhaltigkeit von Produkten hat der Gesetzgeber zudem bestimmt, dass seit dem 01.01.2022 alle „Waren mit digitalen Elementen“ regelmäßig und kostenfrei aktualisiert werden müssen. Dadurch soll die Lebenszeit der Produkte verlängert werden. Dies betrifft nicht nur elektronische Geräte, sondern ebenso Navigationssysteme und digitale Elemente in Fahrzeugen. Die Verkäufer können diese Pflicht zukünftig nur umgehen, wenn sie die Aktualisierung in der beschriebenen vorvertraglichen Informationsbroschüre ausdrücklich ausschließen und sich dies vorher vom Kunden quittieren lassen.
Stand: 17.04.2022